Tibet und seine Bewohner

Tibet wird auch das Dach der Welt genannt, obwohl der Himalaya im Süden mit den höchsten Bergen der Welt nur ein kleiner Teil des Landes ist. Ausschlaggebend für diese Bezeichnung ist jedoch die durchschnittliche Höhenlage des großen Plateaus, die im grünen Osten bei ca. 3500m liegt, im Westen aber 4000 bis 5000m beträgt. Tibet, das mit seiner Gesamtfläche früher 2,5 Millionen km² umfasste, hat eine große Kultur und eine wechselhafte Geschichte.

Erst im 17. Jahrhundert wurde zur Zeit des großen 5. Dalai Lama der Potala gebaut und ihm gegenüber die Medizinschule auf dem Eisernen Berg, der Chakpori. Unter dem 13. Dalai Lama entstand in Lhasa die zweite Schule für Medizin und Astrologie, das Men-Tse-Khang. Heute überragt eine riesige Fernsehantenne auf dem Chakpori alles, denn die frühere Medizinschule auf dem Berg fiel später den Chinesen zum Opfer und das Zentrum der Traditionellen Tibetischen Medizin befindet sich heute in Dharamsala/Nordindien, dem Sitz der Tibetischen Regierung im Exil.

Das Land entwickelte seine eigene Kultur und seine Religion, den Tibetischen Buddhismus, das Vajrayana oder den sogenannten mittleren Weg. Im 7. Jahrhundert erstreckten sich kleine, unabhängige Staaten über Teile des Hochlands. Songtsen Gampo, im 7. Jahrhundert der erste bedeutende König, einigte das Land und unter ihm verbreitete sich der Buddhismus in Tibet, der aber auch Einflüsse der vorher üblichen Bön-Religion übernahm. Songtsen Gampo ließ in Lhasa den ersten kleinen Tempel auf dem Hügel des heutigen Potala, und im Zentrum der Stadt den bis heute bedeutendsten Tempel Tibets bauen, den Jokhang.

Ab dem 13. Jahrhundert veränderte sich die politische Realität auf dem Tibetischen Hochplateau, die Mongolen fielen im Land ein, eroberten China und Tibet, Ende des 19. Jahrhundert wurde Tibet zum Spannungsgebiet zwischen China, Russland und dem Britischen Empire. 1913, nach dem Zusammenbruch der Mandschu Dynastie, rief der 13. Dalai Lama die Unabhängigkeit Tibets aus. Das sollte so bleiben, bis Mao Zedong am 1. Oktober 1949 die Gründung der Chinesischen Volksrepublik ausrief und gleichzeitig verkündete, er werde Tibet und Taiwan befreien. Und er setzte seine Prophezeiung 1950, Tibet betreffend, in die Tat um. Die sogenannte Befreiungsarmee marschierte zuerst im Osten des Landes ein, das von dem Stamm der Kampas hart umkämpft wurde. 1951 erreichten sie Lhasa und Zentraltibet, um dort, wie auch im Osten, für immer zu bleiben. Die Unterdrückung der tibetischen Bevölkerung, ihrer Religion und ihrer Kultur erreichte ihren Höhepunkt mit der Zerstörung von ca. 6000 Klöstern, den größten Teil davon vor dem Beginn der Kulturrevolution, und mit der Flucht des Dalai Lama 1959 nach Indien. Tausende Tibeter folgten ihm mit der ersten Flüchtlingswelle ins Exil, ca. 1 Million kamen durch politische Verfolgung und der Unterdrückung ihrer Kultur und Religion ums Leben, 120-130 000 Tibeter leben heute in aller Welt im Exil. 1965 trennte China die nördlichen und östlichen Provinzen Amdo und Kham von Tibet ab, ordnete sie chinesischen Provinzen Qinghai, Gansu, Sichuan und Yunnan zu und gründete gleichzeitig die so genannte Autonome Region Tibets, die jetzt nur noch weniger als die Hälfte Tibets umfasst. Die ART, das ist Zentral- und Westtibet, ist nur mit einem besonderen Permit zugänglich, das nur über Agenturen vergeben wird, Einzelreisen sind verboten. Die Besetzung Tibets ab 1950 durch die Volksbefreiungsarmee ist bis heute völkerrechtlich umstritten. Die anhaltende Besetzung Tibets und die Nichteinhaltung des 17 Punkte Abkommens, das ein Recht auf Selbstbestimmung, Erhaltung der Kultur, der Schulbildung und Religion sichern sollte, wurde nicht eingehalten und ist aus tibetischer Sicht ungültig, da die Unterzeichnung durch tibetischen Delegierte unter chinesischem, militärischem Druck zustande kam. 1959, kurz nach der Flucht des 14. Dalai Lama, wurde im indischen Dharamsala die Tibetische Exilregierung gegründet, die sich dafür einsetzt, dass die anhaltende Besetzung gegen das Völkerrecht und das Recht auf Selbstbestimmung verstößt. Seine Heiligkeit, der 14. Dalai Lama, das geistliche Oberhaupt der Tibeter, hat 2011 seine politischen Aufgaben in der Exilregierung abgeben.

Die meisten Tibeter leben in Zentraltibet in der Gegend zwischen Lhasa und Shigatse. Der Osten, der heute fast ganz zu den chinesischen Provinzen gehört, ist grün und geprägt von den großen Yak-und Vieherden der Nomaden. Sie werden unterdessen gezwungen, in festen und umzäumten Gebieten und Siedlungen zu wohnen. In den 1950er Jahren begann man hier, die Wälder Tibets ab zu holzen. Die Folgen waren starke Erosionen im Hochgebirge, vermehrte Erdrutsche und große Überschwemmungen.

Der Westen dagegen ist aufgrund seiner Höhenlage sehr trocken, obwohl hier in der Nähe des Heiligen Berges Kailash die fünf großen Flüsse Asiens ihr Quellgebiet haben: der Indus in nordwestlicher Richtung, der Yarlung Tsang-po in östlicher Richtung, der weiter stromabwärts zum Brahmaputra wird, der Sutlej im Westen durch das alte Königreich Guge, der Ganges am Anfang in südlicher Richtung mit dem großen Weg durch Indien bis zum Delta in Bangladesh und dem Karnali im Süden, der einen auf dem Trekkingpfad von Simikot zum Kailash begleitet. Und der Kailash und seine Umrundung sind das große Pilgerziel für Tibeter, Buddhisten, Jains und Hindus. Drei Tage braucht man normalerweise für den Weg mit dem Höhepunkt des Dolma-La in 5600m Höhe, manche Tibeter schaffen es auch in einem Tag.

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